Der Ausflug zum Tegernsee
Ich stelle meinen Wecker auf 6.30 Uhr. 6.30 Uhr samstags früh. Warum? Ich plane einen Ausflug an den Tegernsee. Die Bahn fährt um 7.10 Uhr. Darum.
Der Wecker klingelt pünktlich um 6.30 Uhr. Ich schalte ihn aus, stehe auf. Ein kleiner Schwindel überkommt mich und ich lege mich lieber noch mal hin. Nur kurz.
Ich schrecke hoch. Wieder ein Weckerklingeln. Doch diesmal kommt es aus der Nachbarwohnung. Ich schaue auf die Uhr. Es ist 8.30 Uhr. Mein Nachbar nimmt bestimmt den Zug um 9.10 Uhr nach Tegernsee. Reicht ja auch. Dann ist er gegen zehn dort. Da kann man dort noch einiges anstellen. Ich horche in die Wohnung meines Nachbarn. Na komm schon Junge. Jetzt schnapp dir mal deine Bergschuhe und los geht’s.
Lauschen. Nichts keine Fußtapsen, kein Türenschlagen noch sonst was ist aus seiner Wohnung zu hören.Ich dämmere weg, meine eigenen Wanderschuhe im Blick. Das Bett ruft, wabert mir noch als Gedanke durchs Hirn.
Als ich wieder zu mir komme, höre ich immer noch den Wecker meines Nachbarn. Oder schon wieder? Ich schaue auf die Uhr. Es ist 9.30 Uhr. Höchste Zeit für meinen Nachbar aus dem Bett, zum Zug und somit auf den Berg zu kommen.
Sein Wecker läutet.
Und läutet.
Und läutet. Ich werde wütend. Jetzt reicht’s du Sack. Steh auf!
Ich lausche. Nichts, außer Weckergebimmel. Rasend stehe ich auf und hämmere mit der Faust gegen die Wand. AUA! Meine Hand schmerzt, ein Höllenschmerz.
Da mein Basketball. Ich nehme ihn und schleudere ihn gegen die Wand meines Nachbarn. Wieder und wieder und wieder. Ein brauner Fleck entsteht an der Wand.
Ich schwitzte. Rasend schleudere ich den Ball mit voller Wucht gegen die Wand. JAAAAAAA!
RINGGG! Meine Türklingel reißt mich aus meinem Wahn. Oh.
Ich halte inne, blicke ängstlich zu meiner Wohnungstür.
Ring. Ring. Rinnnnngggg.
Ich verstecke hastig den Ball in einer Zimmerecke und schlürfe betont verschlafen zur Tür.
„Hallo?“, rufe ich noch verschlafener durch die Tür.
„Mach auf“, schreit mein Nachbar im Befehlston. „Sofort!“
Ich öffne die Tür, strecke aber nur meinen Kopf raus, so dass es ihm unmöglich ist in mein Zimmer zu schauen.
„Was gibt?“
„Was es gibt? Hast du das nicht gehört? Da hat jemand versucht die Wand zu durchbrechen. Und zwar von deiner Wohnung aus!“
„Aus meiner Wohnung? Nee du echt nicht“, antworte ich und schaue ihn mit Hundeblick an.
Mein Nachbar ist immer noch auf 180, funkelt mich kurz an und bricht dann einfach durch meine Wohnungssperre. Er stürmt exakt zu dem Punkt, von dem aus ich die Wand malträtiert habe.
„Genau hier.“ Mein Nachbar zeigt auf den verdächtigen Fleck. „Mit einem Fußball oder so was.“
Ich schließe die Tür und gehe zu ihm.
„Du puh, keine Ahnung, wie …“ Ich mache eine unwissende Geste. In diesem Moment rollt mein Basketball aus seinem Versteck im Eck vor die Füße meines Nachbarn.
Stumm starrt er mich an. Ungläubig. Hasserfüllt.
„Du“, bricht es aus ihm heraus, „du bist doch völlig gestört. Geisteskrank!“ Er stürmt aus meiner Wohnung und haut die Tür mit voller Wucht zu.
Puh.
Ich setze mich aufs Bett. Also nächsten Samstag mach ich meinen Ausflug an Tegernsee. Meinem Nachbar würde so ein Ausflug sicherlich auch gut tun. So gestresst wie der ist.