Ein Tag im Leben eines Super-Hipster-Werbetexters
Frank Schitzo, Werber, Musiker, Chaot und Tennisspieler berichtet in unserer Kolumne von seinem Leben im Münchner Norden. Heute ein Auszug aus seinem Berufsleben als „Super-Hipster-Werbetexter“.
7:00 Uhr. Ich schlafe noch. Meistens in meinem alten Opel Kadett direkt vor der Agentur. So spare ich mir das Geld für die Wohnung, denn irgendwann werde ich doch noch einen Roman schreiben und bin dann Romancier. Werbetexter pah.
8:00 Uhr. Ich trinke kalten Kaffee und rauche eine Schokoladenzigarette. Wichtig! Als Kreativer ist Rauchen Pflicht. Picasso hat geraucht, Kinski auch, Hitler zum Beispiel, der hat nicht geraucht.
Dazu drehe ich das Radio meines Autos voll auf und setze mich mit James Dean Miene auf die Motorhaube. Zu den Klängen des neusten Szeneknallers, schaue ich den Kollegen zu wie sie langsam in der Agentur einlaufen.
Manche applaudieren, manche bewerfen mich mit alten Kaffeebechern. Ich bin eben ein polarisierender Typ.
9:00 Uhr. Erst mal Mails checken. Kollege hat urlustiges Video gepostet. Ein Hammer.
9.15 Uhr. Gemeinsam mit den anderen Top-Kreativen rauche ich eine halbe Schachtel meiner Schokozigaretten und lasse die besten Szenen unserer Hammerpartywochenende Revue passieren. Da sag noch einer, Rauchen sei gut für die Figur.
10 Uhr. Endlich. Der erste Superjob kommt rein. Mein CD sagt, was für eine riesen Chance das Briefing ist und fragt, ob ich es spüre. Ich sage, dass ich aber so was von spüre. Voller Eifer mache ich mich daran, den Newsletter für eine große deutsche Versicherung zu texten. YESSS!
Als Top-Kreativer gehe ich unkonventionell an den Job ran. Mein Aufhänger ist „Shit happens“.
12 Uhr. Schön mit den Kollegen zum Sushi essen und danach ein Laktose freier Kaffee. Als Wiedergutmachung rauche ich noch eine meiner Schokokippen.
13 Uhr. Abstimmung! Mein CD findet meinen Newsletter lustig. Zumindest lacht er viel. Der Kundenberater ist entsetzt. Als ich ihm klar mache, dass er endlich lernen muss, große Ideen zu verkaufen, rastet er komplett aus und schreit mich wie Wahnsinniger kurz vor dem Amoklauf an.
14 Uhr. Schreibe einen Supernewsletter. Ich spüre es. Ich bin drin. Ich werde zum Buchstabe, zum Komma, zum Punkt. Ich atme Newsletter. „Sehr geehrte Frau Mustermann, ich freue mich…“.
Jaaaa, da geht einiges. Spürt ihr es auch?
15 Uhr. Der Berater grummelt und ist befriedigt. Ganz anders seine Praktikantin. Sie spürt das Geniale in meine Text. Wow! Ich schwärme ihr aus dem Leben eines Superwerbers vor. Filmdreh in Südafrika, Tonaufnahmen in Berlin, Shooting in Moskau, Newsletter texten, Wobbler und, und, und. Wir verabreden uns für den Abend.
16 Uhr bis 20:32 Uhr. Ich entwerfe drei weitere Newsletter im Stile des Ersten. Zwischendurch reift in mir die Überzeugung, dass es in hundert Jahren sicherlich einen Wikipedia über mich geben wird.
Frank Schitzo alias Mr. Newsletter. Erst sein Einsatz und sein riesiges Talent machten den Newsletter zu der Kunstform, als die sie wir heute kennen. Sein größter Erfolg war die Ausstellung seines Lebenswerks im New Yorker MoMa unter dem Titel „Immer auf dem Laufenden mit Mr. Newsletter “.
20:34 Uhr. Die junge Kollegin und ich fahren durch die Stadt. Ich gebe vor, mein Luxusapartment zu suchen. Der ganze Stress. Da hab ich es echt vergessen, wo es ist! War es in der Maximilianstraße? Nee. Haidhausen? Während der Fahrt simuliere ich mehrere Anrufe von bekannten Stars aus Film und Fernsehen. „Mensch Til, du alte Wildsau…hey Heidi, was macht der Klumpfuß, haha…ich grüße sie Frau Bundeskanzlerin…“
Im Hasenbergel geht mir der Sprit aus und die Praktikantin, sagt sie fährt jetzt mit der U-Bahn nach Hause und ich sollte mal professionelle Hilfe aufsuchen.
Guter Tipp. Ich gehe zur nächsten Tankstelle und mache meine Karre wieder startklar.
23:12 Uhr. Ich parke gekonnt vor der Agentur ein und schaue bei einer letzten Schokozigarette ins Abendrot der Ampel.
Der nächste Tag kann kommen. Ich bin bereit.
Rechtschreibung ist offenbar nicht hip. Oder ist das Teil des satirischen Projekts?
Naja – das mit den Rechtschreibfehlern ist doch klar bei der Menge an selbsternannten Werbe- & Marketingexperten, die es angeblich überall gibt.
Was will man bei der Masse schon erwarten?!
Und das Internet bietet auch noch jedem dieser „Experten“ eine Bühne zur Selbst-Beweihräucherung… Schöne neue Welt.
😉
Und nein, ich reg mich nicht drüber auf, belächle das ganze aber sehr entspannt.