Ein Pakt mit dem Teufel
Vom Donisl sind es nur ein paar Schritte zum Dom, der auch einige Sagen und Mythen aufzuweisen hat. Und Fritze verrät uns genau diese in seiner Stadtkolumne.
© glebstock / 123RF Lizenzfreie Bilder
Vom Donisl sindʻs nur noch ein paar Schritte bis zum Dom – und wieder in den Bereich der Münchner Mythen und Sagen. Die wohl bekannteste ist die vom Teufelstritt. 1468 hatte Meister Jörg von Halspach, auch Ganghofer genannt, mit dem Bau dieser Kirche „Zu unserer lieben Frau“ begonnen. Doch immer wieder gab es Probleme und Verzögerungen, bis sich Meister Halspach in seiner Not an den Teufel wandte. Der Pakt: Die Seele des Baumeisters gegen die Hilfe Satans beim zügigen Bau des Gotteshauses. Eine Bedingung aber hatte der Teufel: Im fertigen Bau solle kein Fenster zu sehen sein, dachte er doch, kein Mensch würde zu einem Gottesdienst in eine stockdunkle Kirche gehen. Gesagt, getan: Der Teufel ließ seine Gesellen beim Bau fleißig mitrackern, und in Rekordzeit von nur 20 Jahren war der Bau fertig.
Auf dem Rücken seines Gehilfen, des Winds, kam nun auch der Teufel triumphierend heran geritten. Doch er hatte sich in dem schlauen Baumeister verrechnet. Der nämlich führte ihn durch den Haupteingang in den Vorraum des Doms. Weiter durfte ein Teufel nicht – das Haus war schließlich schon geweiht. Und tatsächlich: Kein Fenster war von hier zu entdecken, aber dennoch war der Bau taghell und voller frommer Beter (das Chorfenster, das wir heute natürlich sehen, war damals noch durch den gewaltigen Aufbau des Hochaltars verdeckt). Wütend sah der Teufel sich getäuscht, und, nun ja, „fuchsteufelswild“ (das Wortspiel drängt sich hier einfach auf) stampfte er mit seinem Fuß seinen Abdruck – gut sichtbar bis heute – tief in eine Steinplatte am Boden und fuhr zurück in die Hölle. Seinen Wind aber, den er an der Außenwand angebunden hatte, vergaß er in seinem Furor, weshalb der bis heute heftig blasend rund um den Dom nach seinem Herrn und Meister sucht.
Gotik oder nicht Gotik? Das ist hier die Frage.
Nehmen wir den Dom als solchen. Der ist zweifelsfrei gotisch. Und Gotik bedeutet? Kurze Erinnerung an den Kunstunterricht aus Schulzeiten – richtig: Steil und in spitzen Bögen nach oben strebend. Aber was hat der Dom? Behäbig-runde Kugelhauben. Wie das? Nun, München war mal wieder pleite. Fast vierzig Jahre hatte es gedauert, bis man endlich auch das Geld für die Turmspitzen beisammen hatte. Doch inzwischen hatte sich einiges geändert. Aus Italien kündigte sich der neue Baustil der Renaissance an. In Augsburg konnte man so was schon besichtigen. Klarer Beschluss des Stadtrats nach Betriebsausflug zu den Schwaben: Der Münchner Dom kriegt auch solche „welschen“ (fremdländischen) Hauben. Nur Banausen würden den kunstsinnigen Stadtvätern da vorwerfen wollen, dass sie dabei vorwiegend auf den schönen Nebeneffekt schielten, dass diese neuen Hauben natürlich auch wesentlich billiger waren . . .
Die widerspenstige Glocke
Was braucht ein anständiger Kirchturm dann noch? Eine Glocke mit dem entsprechend repräsentativen „Sound“. Und den hatte Herzog Albrecht noch seit einem Besuch in Regensburg im Ohr: das gewaltige, volltönende Geläut der großen Salve-Glocke im dortigen Dom. Die wollte er nun – gegen alle Proteste der Regensburger – nach München holen. Das heißt: Der Herzog wollte – die Glocke aber wollte nicht. Und Unheimliches geschah: Zuerst verunglückte der Schiffer, der die Glocke auf dem Flussweg nach München bringen sollte, tödlich. In München dann brachen die Pferde, die sie vom Isarufer zum Dom ziehen sollten, tot zusammen. Und gruselig gingʻs auch weiter, als die Glocke endlich im südlichen Turm des Münchner Doms hing: Trotz schärfster Bewachung rückte sie jede Nacht etliche Zentimeter Richtung alte Heimat Regensburg. Dazu war vom Turm immer wieder ein unheilschwer-wehmütiges Geheul zu hören. Zum gruseligen Finale kamʻs dann am Weihnachtsabend, als die Glocke ihren gewaltigen Klang erstmals über München ertönen lassen sollte: Bevor sie auch nur einen Laut von sich gegeben hatte, zersprang sie von oben bis unten in Tausend Stücke. Eine wahre oberpfälzer Patriotin: lieber tot, als für die großkopferten Oberbayern zu läuten . . .