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Fritze

Über Fritze

"Wir sind mehr als stolz, einen richtig hochkarätigen Schreiberling unser „Eigen“ zu nennen. Denn Fritze aka die „Edelfeder“, früherer Chefreporter einer großen Münchener Tageszeitung, schwingt ab und an genau diese Feder exklusiv für uns! Er entführt uns mit gewitzten wie auch ernsteren Geschichten in das andere München aus der Vergangenheit und Gegenwart."

Benno – der Stadtheilige von München

© DIRECTMEDIA Publishing GmbH

Ein kleines Schauspiel gibt es im Inneren des Doms zu bewundern. Eins, das auch den wenigsten Münchnern bekannt sein dürfte. Nämlich ein täglich zur Mittagszeit aufgeführtes Figurentheater. Zu bewundern ist es im linken Chorraum neben dem Sebastiansaltar in der mit ihren gut zehn Metern Höhe nicht zu übersehenden Standuhr. Seit 450 Jahren setzen ihre kunstvollen Uhrwerke dort unterhalb des Ziffernblatts jeden Mittag folgende Szene in Gang: Gottvater zückt sein Schwert aus der Scheide, um die sündige Menschheit zu bestrafen. Doch da schreiten Jesus und Maria ein: Sie recken ihre Arme empor und bitten um Gnade für uns armes Sünderpack. Und Gott erbarmt sich und steckt sein Schwert wieder weg. Puh, noch mal davongekommen . . .

Gehen wir weiter durch den Chorraum, so kommen wir auf der rechten Seite zum Benno- Altar, unschwer zu erkennen an der Silberbüste des Bischofs und dem darunter liegenden Elfenbeinschrein mit den Reliquien des Heiligen. Mit Benno verbindet sich eine hübsche Legende, die zwar nicht direkt mit München zu tun hat, aber doch dazu führte, dass er zum Schutzpatron unserer Stadt und ganz Bayerns wurde. Im Jahr 1185 war Benno, damals Bischof der Stadt Meißen, mit dem Kaiser so in Streit geraten, dass der ihn absetzen und aus der Stadt vertreiben ließ. An seinem letzten Tag aber schloss Benno die Kirchentür ab und warf den Schlüssel in die Elbe: Wenigstens sollte der Kaiser nun nicht mehr die Kirche betreten können. Drei Jahre später versöhnten sich Bischof und Kaiser wieder, und Benno kehrte als unerkannter Pilger nach Meißen zurück. Als erstes kehrte er in einem Gasthaus ein und ließ sich ein großes Fischgericht servieren. Und was fand er wohl da im Bauch des Fisches, als er ihn fachgerecht tranchierte? Tatsächlich: seinen Kirchenschlüssel!

Wie aber wurde der Sachse nun zu Münchens Stadtheiligem? Nun, 1523 wurde Benno heilig gesprochen und seine Gebeine in den Status verehrungswürdiger Reliquien erhoben. Da hatte aber einer strikt was dagegen: Martin Luther, der Protestant. Dem widerstrebte der ganze Reliquienkult, er verfasste sogar eine geharnischte Streitschrift „Wider den neuen Abgott und alten teufel, der zu Meißen soll erhoben werden“ . Bayerns erzkatholische Wittelsbacher witterten da allerlei unheilige Umtriebe mit den Gebeinen des Heiligen zu Meißen und „retteten“ die Reliquien nach München. Was hier natürlich umgehend als triumphaler Sieg im Glaubenskrieg gegen die ketzerischen Lutheraner gewertet und Benno – stets abgebildet mit seinen Insignien Fisch und Schlüssel – zum Münchner Stadtheiligen ernannt wurde.

Ein Pakt mit dem Teufel

© glebstock / 123RF Lizenzfreie Bilder

Vom Donisl sindʻs nur noch ein paar Schritte bis zum Dom – und wieder in den Bereich der Münchner Mythen und Sagen. Die wohl bekannteste ist die vom Teufelstritt. 1468 hatte Meister Jörg von Halspach, auch Ganghofer genannt, mit dem Bau dieser Kirche „Zu unserer lieben Frau“ begonnen. Doch immer wieder gab es Probleme und Verzögerungen, bis sich Meister Halspach in seiner Not an den Teufel wandte. Der Pakt: Die Seele des Baumeisters gegen die Hilfe Satans beim zügigen Bau des Gotteshauses. Eine Bedingung aber hatte der Teufel: Im fertigen Bau solle kein Fenster zu sehen sein, dachte er doch, kein Mensch würde zu einem Gottesdienst in eine stockdunkle Kirche gehen. Gesagt, getan: Der Teufel ließ seine Gesellen beim Bau fleißig mitrackern, und in Rekordzeit von nur 20 Jahren war der Bau fertig.

Auf dem Rücken seines Gehilfen, des Winds, kam nun auch der Teufel triumphierend heran geritten. Doch er hatte sich in dem schlauen Baumeister verrechnet. Der nämlich führte ihn durch den Haupteingang in den Vorraum des Doms. Weiter durfte ein Teufel nicht – das Haus war schließlich schon geweiht. Und tatsächlich: Kein Fenster war von hier zu entdecken, aber dennoch war der Bau taghell und voller frommer Beter (das Chorfenster, das wir heute natürlich sehen, war damals noch durch den gewaltigen Aufbau des Hochaltars verdeckt). Wütend sah der Teufel sich getäuscht, und, nun ja, „fuchsteufelswild“ (das Wortspiel drängt sich hier einfach auf) stampfte er mit seinem Fuß seinen Abdruck – gut sichtbar bis heute – tief in eine Steinplatte am Boden und fuhr zurück in die Hölle. Seinen Wind aber, den er an der Außenwand angebunden hatte, vergaß er in seinem Furor, weshalb der bis heute heftig blasend rund um den Dom nach seinem Herrn und Meister sucht.

Gotik oder nicht Gotik? Das ist hier die Frage.

Nehmen wir den Dom als solchen. Der ist zweifelsfrei gotisch. Und Gotik bedeutet? Kurze Erinnerung an den Kunstunterricht aus Schulzeiten – richtig: Steil und in spitzen Bögen nach oben strebend. Aber was hat der Dom? Behäbig-runde Kugelhauben. Wie das? Nun, München war mal wieder pleite. Fast vierzig Jahre hatte es gedauert, bis man endlich auch das Geld für die Turmspitzen beisammen hatte. Doch inzwischen hatte sich einiges geändert. Aus Italien kündigte sich der neue Baustil der Renaissance an. In Augsburg konnte man so was schon besichtigen. Klarer Beschluss des Stadtrats nach Betriebsausflug zu den Schwaben: Der Münchner Dom kriegt auch solche „welschen“ (fremdländischen) Hauben. Nur Banausen würden den kunstsinnigen Stadtvätern da vorwerfen wollen, dass sie dabei vorwiegend auf den schönen Nebeneffekt schielten, dass diese neuen Hauben natürlich auch wesentlich billiger waren . . .

Die widerspenstige Glocke

Was braucht ein anständiger Kirchturm dann noch? Eine Glocke mit dem entsprechend repräsentativen „Sound“. Und den hatte Herzog Albrecht noch seit einem Besuch in Regensburg im Ohr: das gewaltige, volltönende Geläut der großen Salve-Glocke im dortigen Dom. Die wollte er nun – gegen alle Proteste der Regensburger – nach München holen. Das heißt: Der Herzog wollte – die Glocke aber wollte nicht. Und Unheimliches geschah: Zuerst verunglückte der Schiffer, der die Glocke auf dem Flussweg nach München bringen sollte, tödlich. In München dann brachen die Pferde, die sie vom Isarufer zum Dom ziehen sollten, tot zusammen. Und gruselig gingʻs auch weiter, als die Glocke endlich im südlichen Turm des Münchner Doms hing: Trotz schärfster Bewachung rückte sie jede Nacht etliche Zentimeter Richtung alte Heimat Regensburg. Dazu war vom Turm immer wieder ein unheilschwer-wehmütiges Geheul zu hören. Zum gruseligen Finale kamʻs dann am Weihnachtsabend, als die Glocke ihren gewaltigen Klang erstmals über München ertönen lassen sollte: Bevor sie auch nur einen Laut von sich gegeben hatte, zersprang sie von oben bis unten in Tausend Stücke. Eine wahre oberpfälzer Patriotin: lieber tot, als für die großkopferten Oberbayern zu läuten . . .

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Donisl und die Geschichte von Josef Fraunhofer

© brongaeh

In den frühen 1980er Jahren war er zu einer Spelunke heruntergekommen, in der hunderte von Touristen von der „Donisl-Mafia“ mit K.o.-Tropfen betäubt und bis auf die Unterhose ausgeraubt wurden. Tempi passati!

Zu ganz anderer Berühmtheit gelangte ein Bewohner im Innenhof jener kleinen Passage zum Dom. Hierher, ins Haus eines Glasermeisters, hatte es den kleinen Joseph Fraunhofer, jüngstes von elf Kindern einer Straubinger Familie verschlagen, nachdem er mit zwölf Jahren bereits zum Vollwaisen geworden war. Hier lebte er nun als Lehrling einsam und in bitterster Not. Bis das Schicksal eingriff – und zwar in Form einer Katastrophe:

An einem Tag des Jahres 1801 stürzte das Haus über all seinen Bewohnern zusammen. Selbst Kurfürst Maximilian, der spätere König Max I., war aus der nahen Residenz an den Unglücksort geeilt. Und erlebte das kleine Wunder, dass neben dem Glasermeister als einziger der kleine Joseph lebend aus den Trümmern geborgen werden konnte. Seine Geschichte rührte den Kurfürst so, dass er ihm alles Bargeld, was er gerade bei sich hatte, schenkte – immerhin 88 Gulden (heute ein kleines Vermögen) – und auch sonst für die beste Ausbildung des Buben sorgte.

Was sich lohnte: Aus dem Glaserlehrling wurde der angesehendste Optiker seiner Zeit, der nicht nur ein Riesenfernrohr in bislang nie gekannter Qualität sondern etwa auch das erste Großteleskop konstruierte, das ihn weltweit berühmt machte. Wer weiß, was ihm sonst noch gelungen wäre, hätte ihn nicht schon im Alter von nur 39 Jahren die Lungenschwindsucht dahingerafft?

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Giacomo Casanova

© Marc Weber

Bei seinem ersten Besuch 1756, kurz nach seiner Aufsehen erregenden Flucht aus den Bleikammern des Dogenpalastes von Venedig, machten sich die Folgen seiner 15-monatigen Haft bemerkbar. Casanova litt an zunehmenden Anfällen von Nervenfieber, die ihm seine Lieblingsbeschäftigung – das Abzocken des (Geld-)Adels seiner jeweiligen Gaststadt am Kartentisch – fast unmöglich machten. Ziemlich bald pleite war er froh, sich an der Seite einer befreundeten Schauspielerin schon bald nach Paris absetzen zu können.

Dort allerdings rasch wieder zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen, wollte er es 1762 ein zweites mal in München probieren. „Pharao“ hieß das damals beliebteste Glücksspiel an allen europäischen Höfen, und Casanova war ein Meister des „Corriger la fortune“. Doch München brachte ihm einfach kein Glück. Denn nicht umsonst standen die Bankhalter des bayerischen Kurfürsten im Ruf als die raffiniertesten „Verbesserer des Glücks“ des ganzen Kontinents.

Und so war Casanova binnen weniger Wochen ein Vermögen von 140 000 Francs (nach heutigem Wert weit über eine Million Euro) los und praktisch pleite. Zu allem Unglück wollte auch sein Diener Costa nicht auftauchen, der ihm von Paris aus nachfolgen sollte. Doch Costa hatte es längst vorgezogen, sein eigenes Glück zu suchen – unter Mitnahme von allem Bargeld und Gold,den Juwelen, Diamanten samt prächtigen Klamotten des „Chevalier“.

Doch ein Casanova hat immer noch ein As ihm Ärmel! In diesem Fall in Gestalt der Marquise dʻUrfé, einer leicht verschrobenen Dame, die in Paris trotz ihres Alters von über 70 Jahren dem Charme des Abenteurers erlegen war. Prompt rettete sie ihn mit einem Wechsel über 50 000 Louis dʻOr (heute gut 10 Millionen Euro) – und Casanova war wieder flott und bereit zu neuen Taten . .. München aber war ihm für immer verleidet. Über die Schweiz zogʻs ihn zurück nach Paris, wo sich (neu)reiche Schafsköpfe wohl leichter „melken“ ließen.

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Lola Montez

Und wieder spielt darin die fesche Lola Montez eine Rolle. Die angebliche Spanierin aus Sevilla, in Wirklichkeit als Tochter eines britischen Offiziers im nordirischen Dorf Grange geboren, hatte schon ziemlich alle europäischen Königs- und Fürstenhöfe durch, als sie am 12. Oktober 1846 nach München kam, fremdenpolizeiamtlich registriert als „Lola Montes, Künstlerin/Tänzerin, von Sevilla in Spanien, 24 J., kath.“. Zweck des Aufenthalts: „Gastvorstellung“. Legitimations-Urkunde: „ohne Pass“.

Doch Lola wusste, wie man sich auch ohne amtlichen Ausweis Reputation verschafft: Sie quartierte sich umgehend im gerade fünf Jahre zuvor eröffneten Hotel „Zum Bayerischen Hof“ am Promenadeplatz ein, das auf Wunsch König Ludwig I. als Münchens nobelste Herberge erbaut worden war. Preislich eine Kategorie, die sich Lola eigentlich gar nicht leisten konnte. Doch nach München war sie eh nur gekommen, um die Gunst König Ludwigs zu erreichen, was ihr auch im Sturm gelang (siehe Kapitel Residenz). So musste sie die teuren Rechnungen im „Bayerischen Hof“ nur acht Tage lang bezahlen, bevor sie Ludwig – nun auf seine eigenen Kosten – im ebenfalls bestrenommierten „Goldenen Hirschen“ in der Theatinerstraße einlogierte, der schon Lessing, Mozart und Österreichs Kaiser Joseph II. beherbergt hatte. Und der halt nun mal wesentlich günstiger zur Residenz lag . . .

Lang hielt sie es aber auch dort nicht aus. Nachdem sie im „Hirschen“ in einige „Raufhändel“ (vulgo Wirtshausschlägereien) verwickelt war, erhielt sie nach nur fünf Monaten Aufenthalt Hausverbot – bei einem Hausball soll sie dem Geschäftsführer mit ihrer Reitpeitsche, die sie stets einsatzbereit mit sich trug, einen höchst unwillkommenen „Schmiss“ über die Backe gezogen haben. Ein Rausschmiss, der sie aber nicht groß schmerzte. Hatte König Ludwig ihr zwischenzeitlich doch schon ein eigenes Palais am Karolinenplatz (links neben dem heutigen Amerikahaus) einrichten lassen. Freilich: Auch dort währte das Luxusleben nur neun Monate, bevor Lola am 11.Februar des Revolutionsjahrs 1848 aus München gejagt und der König wenig später vom Thron gescheucht wurde. Von da an gingʻs für die berüchtigtste femme fatale des 19. Jahrhunderts bergab. Zuletzt tingelte sie nur noch in Varietes und Zirkusshows. Keine 40 Jahre alt starb sie am 17. Januar 1861 in New York. Letzte Station: ein Armengrab auf dem Greenwood-Friedhof in Brooklyn . . .

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Unsere Könige Ludwig

Obwohl pockennarbig, schwerhörig, stotternd und ein nur nach eigener Einschätzung begnadeter Dichter, war der erste Ludwig bis ins hohe Alter ein unverbesserlicher Don Juan, der seine zahllosen Geliebten (Macht machte eben auch damals schon sexy) mit Liebespoemen überschüttete.

Obwohl er mit seiner eigenen Frau Therese neun Kinder hatte, zeugte auf seinen zahlreichen Amouren quer durch Europa, am liebsten in Italien, seinem „irdischen Himmelreich“, nebenbei eine bis heute nur geschätzte Anzahl kleiner Halb-Royals, besonders gern in Rom. Was auch Wunder, meinte der König, wo doch „Roma von hinten gelesen Amor“ hieße.

Und was sich in München hinter verschlossenen Vorhängen bei den Sitzungen mit den 38 Modellen für seine Schönheitengalerie in Schloss Nymphenburg begab, darüber schweigt des Sängers, bzw. schwieg des Hofmalers Joseph Stielers Höflichkeit eisern. Bekannt ist aber, dass Ludwig auch ein kleiner Fetischist war. So ließ er vom Fuß seiner späten Herzensdame Lola Montez eine Marmorskulptur modellieren, die er ständig mit sich herumschleppte, liebkoste und küsste. Was der König nicht ahnte: Bildhauer Johann Leeb hatte Lolas Füße schlichtweg für potthässlich gehalten. Ludwig liebkoste in Wahrheit eine Kopie des Fußes der Venus von Milo…

Auch für schöne Brüste hatte der König eine Vorliebe. So soll er beim ersten Vortanzen von Lola Montez‘ Qualitäten erst überzeugt gewesen sein, als die beherzt zu einer Schere griff und ihren Busen freilegte. Standesunterschiede kannte Ludwig in dieser Beziehung ohnehin nicht. So führten ihn seine täglichen Spaziergänge rund um die Residenz in schöner Regelmäßigkeit in den Stammladen des führenden Handschuhmachers der Stadt, der damals seinen Sitz in den Hofgarten-Arkaden hatte. Des Königs eindeutiger Grund: Dort bediente ihn die reizende Tochter des Inhabers, die, ihr werdet es schon geahnt haben, eine beachtenswerte Oberweite hatte. Ludwig nannte sie nur „meine wonnebusige Babett“. Bei seinem Sturz 1848 (wegen der Lola-Affäre) soll er eine Unzahl von Handschuhen besessen haben, die höchstens noch von der Menge an Fußball- Ehrentrikots für den Papst übertroffen wird, die heute schränkeweise die unterirdischen Asservatengänge des Vatikanmuseums füllen.

Noch eine Kostprobe zum Lyriker Ludwig (er selbst hielt sich für den größten nach Goethe)? Bitte sehr. Hier eine Strophe aus einer Ode an seine Lola (nach seinem Rücktritt als König):

Hätt‘ ich doch nie und nimmer die gesehen! Für die gegeben ich mein letztes Blut. Durchdrangest mich mit namenlosen Wehen, Du meines Lebens glühendste Liebesglut!

Heinrich Heine, ziemlich sauer auf den König, der ihm („doch nicht diesem Juden“) eine Professur an der Uni München verweigert hatte, rächte sich mit etlichen Spottgedichten. Zum Beispiel in seinem „Lobgesang auf König Ludwig I“:

Herr Ludwig ist ein großer Poet, Und singt er, so stürzt Apollo Vor ihm auf die Knie und bittet und fleht: Halt ein, ich werde sonst toll, o!

Das absolute Gegenteil zum weibstollen Ludwig I war sein Enkel Ludwig II., heute international auch als „The crazy King“ bekannt. Dem konnte zeitlebens alles Weibliche nicht weit genug von seinem – in seinen Jugendjahren durchaus ansehnlichen – männlichen Leib bleiben. Abgesehen von seiner innigst seelenverbundenen Elisabeth „Sisi“ von Österreich, durfte ihn keine einzige Frau auch nur berühren. Keine? Eine kleine Ausnahme (lies nach bei „Asterix“) gibt es eben immer. Und diese Ausnahme hieß Elisabet Ney.

Die hatte in einer ungeheuren Energieleistung (und durch einen Hungerstreik) nicht nur von ihren Eltern die Erlaubnis zum Kunstakademie-Studium in München ertrotzt, sondern auch als erste Frau ihre Zulassung zur Bildhauer-Klasse. Und sie schaffte es, dank Charisma, Charme und Chuzpe zu einer der führenden Promi-Porträtistinnen ihrer Zeit zu werden. Sogar der eingeschworene Weiberfeind Arthur Schopenhauer soll sich noch im hohen Alter beim Porträtsitzen in sie verliebt haben. Ludwig zwo war da aber doch noch ein anderes Kaliber. Aber Elisabet, mindestens so exaltiert wie der König selbst, knackte letztlich auch ihn. Sie umgarnte ihn, androgyn verkleidet in die Gewänder eines altgriechischen Jünglings, und aus der „Iphigenie“ zitierend schaffte sie es endlich, ihn zum Modellsitzen zu überreden. Ihre Statue des Monarchen ist heute noch in Schloss Herrenchiemsee zu sehen. Letztlich hatte sie ihn so weit, dass sie sich – zum Entsetzen seiner engeren Entourage – locker über sein Verbot hinwegsetzte, während der Sitzungen zu reden oder ihn gar anzublicken. Er ließ sie schließlich sogar Hand an seinen edlen Körper legen, um den mit Zirkel und Lineal auszuloten. Ob‘s dabei blieb oder es dem damals gerade 23jährigen Ludwig bei solch taktilen Intim-Vermessungen gar doch einmal ganz anders wurde?

Wer weiß es schon. Fest steht nur, dass Elisabet nach Vollendung ihres Auftrags ziemlich überstürzt nach Amerika auswanderte, wo sie knappe neun Monate darauf einen strammen Buben zur Welt brachte.

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Alter Hof und Residenz Teil 3

Hier geht’s zum ersten Teil -> Alter Hof und Residenz Teil 2
Betreten wir durch das großes Marmorportal an der Residenzstraße den engen Kapellenhof der Residenz dann sehen wir ein Stück weiter im Durchgang zum Brunnenhof linker Hand am Boden einen riesigen Stein an einer Kette. Die wäre eigentlich kaum nötig, welcher Dieb möchte sich wohl mit einem solchen Monster von 364 Pfund abschleppen. Aber es hat damit eine besondere Bewandtnis: Herzog Albrechts Bruder Christoph war es 1490 bei einem Ritterwettkampf in der Residenz tatsächlich gelungen, dieses Steinungetüm „neun Schritt weit“ zu werfen. Dass er seinen Beinamen Christoph der Starke durchaus zurecht trug, zeigen auch die drei Eisennägel, die rechts in der Wand des Durchgangs zu sehen sind. Den obersten, „zwölf Schuh hoch“ (gute dreieinhalb Meter), soll Christoph locker mit seiner Ferse aus der Wand gehauen haben. Ein starker Typ eben.

Apropos: Christoph, der sich in einer Dauerfehde mit seinem Bruder Albrecht um den Herzogtitel zwischenzeitlich mit dem Besitz der Städte Landshut und Weilheim abfinden ließ, residierte dann über zehn Jahre in Schloss Pähl. Genau: Jenes Pähl am Südende des Ammersees, aus dem uns heute ein nicht weniger starkes Kerlchen bekannt ist – FC-Bayern-Spaßvogel und WM-Held Thomas Müller. Da wird doch nicht etwa vor 500 Jahren der starke Christoph auch gen-mäßig seine sportlichen Spuren in Pähl hinterlassen haben . . .

Ihr habt vor der Residenz hoffentlich nicht vergessen die vier Nasen der Bronze- Löwen neben den Toren zu streicheln. Wenn nicht, oder wenn ihr euch, wie viele unserer Neumünchner, schon mal gewundert habt, warum so mancher g‘standne Altbürger beim Vorbeigehen jede der Nasen kurz anfasst, dann aber g‘schwind nachmachen. Denn das bringt Glück. Ganz ehrlich! Verbürgt ist jedenfalls die Geschichte von einem jungen Studenten, der in den Revolutionsvorwehen zu 1848 ein Spottgedicht auf König Ludwig I. und dessen Geliebte Lola Montez verfasst hatte. Denunziert und vor den König persönlich zitiert fürchtete der Student nun das Schlimmste.Bei Revoluzzern und schon gar bei seiner heißgeliebten Lola verstand der Monarch nämlich überhaupt keinen Spaß. 1000 politische Prozesse (davon sieben mit einem Todesurteil) sprachen für sich. Diesem König sollte der Student nun also sein Gedicht vortragen. Zitternd tat er‘s und – – – der König lachte. Er musste so sehr lachen, dass ihm gar nichts anderes übrig blieb, als den jungen Poeten zu begnadigen. Ja, er entließ ihn sogar huldvoll und mit einem ganzen Beutel voll Talern. Dieses Glück aber, so der Student später, sei nur den vier bronzenen Löwennasen zu verdanken, die er vor seinem Eintritt in die Residenz noch mal ausgiebig gerieben habe.

Apropos Nase: Eine nette Bronzereibe-Geschichte gibt es auch aus Prag. Dort streichelten Generationen von Pragern (und es ihnen nachmachende Besucher) beim Gang über die Karlsbrücke den Fuß oder Mantelsaum der Statue des heiligen Nepomuk. Glück für den Tag, verhieß dies. Bis eines Nachts in der kurzen Zeit des Prager Frühlings einige Kunststudenten sich den Spaß machten, die Nase des Hundes, der dem Heiligen auf dem Denkmal zu Füßen liegt, mit Sidol glänzend blank zu schrubben. Seitdem reiben Heerscharen von Touristen nur noch eine ziemlich wirkungslos glückverheißende Hundenase. Aber ein Prag-Besuch lohnt sich eigentlich immer.

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Alter Hof und Residenz Teil 2

Hier geht’s zum ersten Teil -> Alter Hof und Residenz Teil 1

Spätere Wittelsbacher sahen das mit der Sittenstrenge nicht mehr ganz so eng, wie Ludwig der Strenge. Eine Romanze der besonderen Art spielte sich direkt vor den Toren des Alten Hofs in der Burgstraße in einem Gasthaus ab, das seit 1391 der Wirt Otto Schymel mit seiner Gattin, der schönen Adelheid, betrieb. Damals eins der ersten Häuser am Platz, in dem die g‘wappelten Bürger Münchens (also solche mit einem Familienwappen) einkehrten und gerne auch die Herzogssöhne Ludwig, Stephan und Wilhelm. Vor allem Wilhelm war hier Stammgast, hatte doch die schöne Wirtin eine ebenso schöne Enkelin.

Lässt sich denken, wie die Geschichte weiterging: Plötzlich war halt einfach ein strammes Baby da. War das jetzt ein Wirtsbüberl oder gar ein kleines Herzöglein? Egal: Wilhelm ließ sein Gschpusi nicht schnöde in der Schande sitzen, sondern sorgte für die beste Erziehung Konrads, wie das Knäblein getauft wurde, und kaufte ihm später die Hofmark Planegg, die den nun zu Konrad von Egenhofen ernannten  Spross seiner Wirtshausliaison zum äußerst erfolgreichen Gutsherren machte. Endlich mal ein Wittelsbacher-Happy-End.

Die bekannteste Sage um den Alten Hof ist wohl die vom „Affenturm“, ein hoher Erkerturm, der heute noch die Torwand schmückt. Herzog Ludwig II. (wir kennen ihn schon als den Strengen) hatte seinen Narren gefressen an einem dressierten Affen, der mit seinen Späßen den ganzen Hof erfreute. Er durfte in der Burg frei herumlaufen. Und so kam er auch in das Zimmer des neugeborenen Herzogsöhnchens, ebenfalls ein Ludwig, als dessen Amme gerade mal den Raum verlassen hatte. Wie bei der gesehen, nahm der Affe das Baby in der Arm und warf es immer wieder vergnügt kreischend in die Luft. Kurz: Die Amme kam zurück, schrie vor Entsetzen, der Affe floh, der ganze Hofstaat jagte ihn nun, in seiner Panik rettete sich der Affe durch eine Dachluke auf die höchste Spitze des Erkerturms – den kleinen Ludwig fest mit dem Arm umklammernd. Hektisch wurden nun unter dem Turm Decken und Betten ausgebreitet und alles starrte gebannt auf den Turm. Die plötzliche Stille, die nun einsetzte, schien auch den Affen zu beruhigen. Er schwang sich zurück aufs Dach, ab durch die Dachluke, und brachte den Knaben sicher zurück in sein Bettchen. Nochmals ein Happy End – mit Folgen. Den hätte der Affe auf dem Turm in seiner Angst einmal losgelassen, hätte es nie einen Kaiser Ludwig den Bayern gegeben, zum dem das kleine Opfer dieses Affentheaters später heranwuchs.

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Rund ums Rathaus Teil 2

Zum ersten Teil übers Rathaus geht’s hier: Rund ums Rathaus Teil 1

Ein kurzes Stück weit die Weinstraße hoch an der Ecke Schäfflerstraße stand einst ein zentraler Ziehbrunnen, genannt Spiegelbrunnen. Mit dem Namen hat es folgende Bewandtnis: Ausgerechnet in dem Brunnen, lebenswichtig für die Bewohner zur Trinkwasserversorgung, ließ sich fatalerweise eines Tages ein offenbar ewig durstiges Drachenwesen häuslich nieder. Und zwar ein – der Schrecken aller Schrecken – berüchtigter Basilisk.
Harry-Potter-Kenner (Lesen bildet eben doch) wissen jetzt sofort Bescheid: Schlimmer geht‘s nimmer. Muss doch H. P. in „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ gegen ein solches Monster kämpfen, um seinen Erzfeind Lord Voldemort besiegen zu können.

Und so ein Basilisk kann nicht nur den üblichen extrem giftigen Atem fauchen, nein,  allein schon sein Blick ist absolut tödlich. Wer ihm in die Augen schaut, kommt nicht mehr dazu, sein Testament zu machen.

So erging es seinerzeit auch etlichen Münchnern, bis sich niemand mehr traute aus dem Brunnen Wasser holen. Harry Potter hätte es mit seinem Basilisken leichter gehabt, wenn er mal in den Münchner Sagenschatz geschnuppert hätte. Denn dem zufolge kam ein cleverer Bürger auf eine geniale Idee: Er ließ einen großen Spiegel bauen, den legte man vorsichtigst mit der Spiegelseite nach unten über den Brunnen, der neugierig gewordene Drache schaute natürlich prompt nach oben – und sich selbst in die A… Das war‘s dann: Happy-, in dem Fall deadly, Basiliken-End.

Notabene: Der Prunkhof des Rathauses hat auch eine hübsche Besonderheit aufzuweisen: Im Boden eingelassen ist ein riesiges Labyrinth. Probiert‘s mal abzulaufen. Gar nicht so einfach. Geht allerdings nur im frühen Frühjahr (spätestens ab Mai wird der Hof gastronomisch genutzt) und im Spätherbst. Zu Advent breitet sich auch hier der Kripperlmarkt aus. Immerhin gibt es hier auch dann etwas Sehenswertes: die altbairische  Stadtkrippe von 1954 mit ihren 61 Figuren (wenn nicht grad mal wieder eine geklaut worden ist).

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Alter Hof und Residenz

Einige Jahre später im Winter 1780/81, wohnte visavis davon der junge Wolfgang Amadeus Mozart in der frohen Erwartung einer Anstellung als Hofkomponist von Kurfürst Karl-Theodor.

Doch seine Hoffnung zerschlug sich, obwohl die Uraufführung seiner hier komponierten Oper „Idomeneo“ im Cuvilliés-Theater ein Riesenerfolg war. Enttäuscht kehrte Mozart in den ungeliebten Dienst des Salzburger Erzbischofs zurück. „Ich hätte München zur Ehre gereicht“, meinte er zum Abschied. Ja wenn – man wird ja noch mal träumen dürfen…

Den Alten Hof hatte sich anfangs des 13. Jahrhunderts Herzog Ludwig II., genannt Ludwig der Strenge, als seine „Ludwigsburg“ erbauen lassen. Zu seinem Beinamen – eigentlich noch ein ziemlicher Euphemismus – kam er durch einen relativ platten Zufall, von dem aber bis heute zahlreiche Boulevardkomödien leben: einen schlichten Irrtum der Post. Ludwig, permanent in Kriegs- und Regierungsgeschäfte verstrickt, war ständig außer Haus. Daheim aber wartete einsam seine Gattin Maria von Brabant. Und die war ebenso jung wie schön. Dass da mancher wandernde Minnesänger auf dumme Gedanken kommen könnte, war auch dem Herzog klar. So kam es zum Fiasko: Zurück von einer Reise fand Ludwig in seiner Post einen eindeutigen Liebesbrief, der ja wohl nur seiner Maria gelten konnte. Rasend vor Eifersucht ließ er sein Weib verhaften und ohne Chance auf eine Anhörung ihrerseits auf der Stelle köpfen. Marias Kammerzofin, die die schlichte Verwechslung der Briefe noch aufklären wollte, ließ er als vermeintliche Komplizin auf der Stelle aus dem Fenster werfen. Schon kurz darauf wurde das Missgeschick aufgedeckt, Ludwig, von Schuld gepeinigt, erweckte Reu‘ und Leid – und stiftete zur Buße das Kloster Fürstenfeld (in Fürstenfeldbruck). Das war‘s dann aber auch schon wieder. Seinen Beinamen „der Strenge“ jedoch hatte Ludwig für immer weg.

Notabene: Obwohl in den Niederlanden gestorben, ließ sich Ludwig im Kloster Fürstenfeld bestatten und stiftete für die alljährliche Gedenkmesse sogar einen prächtigen Kelch, der auch lange in Gebrauch war – bis er 1803 im Zuge der Säkularisation an die Münchner Münze abgeliefert werden musste und dort im Feuer zerschmolz. Ja, die schnöde Welt…

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden | Am Marienplatz Teil 2

1330 sollte der gefürchtete Diez auf dem Münchner Schrannenplatz mit vier seiner Komplizen enthauptet werden. Seine letzte Bitte an das Hohe Gericht war, man möge von seinen Gefolgsleuten alle die freilassen, an denen er es nach seiner Enthauptung noch schaffen würde, vorbeizulaufen. Die Richter lachten sich eins und stimmten feixend zu. Und so geschah‘s: Der Kopf des Diez von Schaumburg fiel nach einem Schwerthieb zu Boden, doch sein Rumpf rappelte sich auf – und schaffte es tatsächlich, noch an allen vieren seiner Kameraden vorbei zu taumeln. Das Publikum tobte vor Begeisterung, der Ritter erhielt an Ort und Stelle ein Begräbnis mit allen Ehren. Und seine Komplizen kamen sofort frei. Liberalitas Bavariae!

70 Jahre später erst, 1401, soll Klaus Störtebecker vor seiner Enthauptung eine gleichlautende Bitte an den Hohen Rat getan haben. Und auch seine Richter gaben ihm ihr Wort darauf. Störtebecker jedoch soll in seinem Totenlauf sogar noch an elf seiner Kumpane vorbeigekommen sein. Doch seine Richter dachten gar nicht daran, ihr Versprechen zu halten: Alle 73 Komplizen Störtebeckers wurden noch am selben Tag geköpft.

Übrigens: Als der Scharfrichter bewundert gefragt wurde, wie er das geschafft hätte, 74 Enthauptungen an einem Stück und mit je nur einem Hieb, soll er nur gelacht haben: Das sei für ihn gar nix, er könne, wenn man wolle, auch gleich mit dem ganzen Hohen Rat weitermachen.

Das fanden die Herren aber gar nicht komisch – und ließen den Henker gleich selbst köpfen. So viel zur hanseatischen Korrektheit!

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Rund um den Marienplatz

Von hier aus werden sämtliche von München ausgehenden Straßen vermessen. Der Marienplatz war früher als „Schrannenplatz“ aber auch der zentrale Markt der Stadt, Standort des öffentlichen Prangers und bei besonders  „ruchlosen“ Schandtaten auch Schauplatz von Hinrichtungen. Hier zwei der skurrilsten:

Herzog Wilhelm V., wieder mal (wie eigentlich immer) in Geldnöten, kam auf  nicht gerade originelle Idee (er war auch nicht der Hellste), das Problem mit Hilfe eines Goldmachers lösen zu lassen. So holte er den Venezianer Marco Bragadino an den Münchner Hof, dem ein gewisser Ruf vorausging.

Der lebte fortan mit seiner Geliebten Laura auf‘s Prächtigste (und natürlich auf Kosten des Herzogs) in den besten Häusern und teuersten Gaststätten der Residenz, bis auch Wilhelm V. endlich aufging, dass des Venezianers  Versprechen, aus Quecksilber Gold zu machen, ein aufgelegter Schwindel war.

Der Herzog rächte sich ziemlich gemein. Bragadino wurde zum Tode verurteilt. Und auf dem Schrannenplatz wurde ein extra rot lackierter Galgen errichtet, an dem ein vergoldeter Strick hing. Der Übeltäter sollte wissen, welch grausiger Tod (und warum) ihn gleich erwartete. Als besonderes Gaudium ließ Wilhelm dann am Richttag vor Bragadinos Augen noch dessen zwei schwarze Lieblingshunde als angeblich „verlarvte Höllengeister“ erschießen.

Und – Überraschung! – Bragadino wurde dann doch nicht aufgeknüpft: Seinen Abschied aus dem irdischen Leben erledigte der Henker mit einem einzigen Beilhieb. Eine letzte Gnade, wie der Herzog meinte. Bragadinos Geliebte Laura aber – so viel Kavalier war man denn doch –  wurde unter Bewachung Richtung Heimat abgeschoben. Ab nach Süden!

Hier geht’s zur zweiten skurrilen Geschichte auf den Marienplatz  -> Wer hat’s erfunden – das Galgenschaulaufen?

Münchner Sagen, G‘schichten und Legenden – Rund ums Rathaus Teil 1

Nun ja, der Grundstein für den Bau wurde allerdings erst am 25. August 1866 – es war der 21. Geburtstag des legendären „Kini“ LudwigII. – gelegt. Architekt des neugotischen Baus, dessen Rohbau erst 1906 fertig wurde, war Georg von Hauberrisser, der dann auch die ebenfalls neugotische Paulskirche am Nordrand der Oktoberfestwiese entwarf.

Das Münchner Kindl auf dem Rathausturm (85 m hoch) ist eigentlich ein Mönch, der auch das Stadtwappen ziert und an die Gründung Münchens 1158 durch Heinrich den Löwen an der Ansiedlung „Bey den Munichen“ (Mönchen) erinnert. Geschaffen hat das Kindl der Bildhauer Anton Schmid, dem als Modell dafür sein Sohn Ludwig Schmid-Wildy diente, der später zu einem der populärsten bayerischen Volksschauspieler wurde.

Kurz zum Glockenspiel im Rathausturm (täglich 11 und 12 Uhr, sommers auch um 17 Uhr). Die obere Abteilung erinnert an die prunkvolle Hochzeit von Herzog Wilhelm V. mit Renata von Lothringen 1568 samt dem dabei abgehaltenen großen Turnier. Dass dabei gerade der weiß-blaue bayerische Ritter den schwarz-gelben Lothringer vom Pferd stößt, ist natürlich reiner Zufall. Im Ringelspiel darunter drehen sich die Schäffler (s.dort) zum Tanz. Zum Abschluss kräht von einer Obersten Kammer noch drei Mal ein goldener Hahn. Abends um 21 Uhr gibt es übrigens ein weitaus weniger bekanntes Glockenspiel-Theater: In einer linken Anbaukammer dreht der Nachtwächter samt Hündchen zu Wagners Nachtwächterruf aus den „Meistersingern“ seine Runde, rechts bringt der Friedensengel das Münchner Kindl zu Bett. Das Ganze recht herzig zu Brahms‘ Wiegenlied.

Am Westrand des Rathauses an der Weinstraße sehen wir am Eckturm einen steinernen Lindwurm die Wand hochkriechen: das sogenannte Wurmeck. Hier soll der Sage nach anfangs des 16. Jahrhunderts ein furchterregender Lindwurm aus der Erde gekrochen sein, der seine riesigen Fledermausflügel ausbreitete, über die Stadt flog und alles Leben auf den Straßen mit seinem giftigen Atem auslöschte. Tatsächlich wütete zwischen 1515 und 1517 wieder einmal eine große Pestseuche in München, die zwei Drittel der Einwohner dahinraffte und sich niemand mehr aus den Häusern wagte. Bis sich – so wieder die Legende – der vom permanenten Pesthauchen erschöpfte Lindwurm auf dem Schrannenplatz endlich mal zu einem Nickerchen niederlegte. Einige mutige Bürger nahmen sich da ein Herz, brachten die größte Kanone der Stadt vor dem Untier in Stellung. Ein Schuss: das Ungeheuer hatte ausgeröchelt.

Dennoch trauten sich die überlebenden Münchner nicht auf die Straßen. Bis endlich die Gilde der Schäffler (Fassmacher) Mut fasste. Die Gesellen, darunter auch ein paar als Kasperl verkleidet, zogen in ihren bunten Zunftgewändern musizierend und tanzend durch die Straßen und holten so das Leben wieder in die Stadt. Alle sieben Jahre wieder wird zur Erinnerung daran den ganze Fasching über in München der Schäfflertanz öffentlich aufgeführt. Das nächste Mal leider erst wieder 2019.

Was es sonst noch so alles rund ums Rathaus gibt, findet ihr hier: Rund ums Rathaus Teil 2