München – Berlin: Kein Spiegel der Gesellschaft
Jetzt ist es passiert! Das Magazin Spiegel springt auf die ewige sinnbefreite Berlin – München-Diskussion auf und reiht sich damit in den vermeintlichen „Szenejournalismus“ großer Medien ein. Da stellt sich mir die Frage: Warum zur Hölle tut sich der Spiegel das an?

Als ein Freund mir heute einen Artikel mit der Überschrift „Party-Logbuch München: Man kann hier trotzdem Spaß haben“ geschickt, dachte ich das sei ein Witz, denn der Link leitete mich auf Spiegel Online weiter -> zum Spiegelartikel. Auch wenn der Artikel in der Rubrik „Unispiegel“ verortet ist, stellt sich mir die Frage, warum eines unserer letzten Qualitäts-Presserzeugnisse sich einer solchen aufgeblasenen Thematik annimmt. Wollen sie provozieren? Wollen Sie mehr Klicks? Ist ihre Hauptzielgruppe in München und Berlin? Oder ist der Spiegel aus Hamburg weggezogen und hat sich in einer der beiden Städten niedergelassen und ich hab das völlig verpasst? Dann wäre eine gewisse Regionalität, der Nachrichtenfaktor „Nähe“, noch eine halbwegs nachvollziehbare Erklärung. Andere Gründe, warum das politische Magazin sich nach dem Vicemagazin, hunderter Szene Blogs und der Süddeutschen Zeitung (bei der der Faktor Regionalität noch gegeben ist), sich jetzt mit diesem Pseudothema beschäftigt, kommen mir nicht in den Sinn. Naja, erst mal lesen dachte ich. Aus irgendeinem Grund, hat mir der Freund ja den Artikel geschickt.
Schon nach einigen Zeilen wird mir klar, dass nicht nur die Thematik völlig banale Banane ist, sondern auch die Recherchearbeit der seltsam anmutenden Kneipentour, die ein Spiegelredakteur mit einem Local unternommen hat (Spezlwirtschaft, Goldene Bar, Unter Deck, Wedding Chapel, Yib Yab, Crux), zu wünschen übrig lässt. Denn zum Beispiel ist die Wedding Chappel keineswegs [..]„eine der wenigen dreckigen Kneipen, die es im immer schicker werdenden Glockenbachviertel noch gibt.“
Noch ist gut! Das Wedding Chappel, hieß bis vor ein paar Monaten noch „Pop As“, war eine Gaybar und wurde gerade dann von diesen hippen, schicken „Szeneprinzen“ übernommen und auf alt und ranzig getrimmt. Wer das als alte ranzige Kneipe ansieht, ist selbst schuld und kann gerne die überteuerten Rüscherl trinken.
Auch wenn die aufgezählten Läden wirklich ganz gut sind, frage ich mich: Warum waren sie nicht im Palais, im Sunshine Pub oder auf einer wirklich „dreckigen“ Afterhourparty? Dann wäre der Artikel wenigstens glaubhafter. Naja, der Spiegel weiß halt wie es abgeht – Das alte Subkulturmagazin! Vielleicht bin ich einfach zu unhipp oder unstylisch. Vielleicht muss ich mich aber erst noch durch den Artikel „Feiern für Fortgeschrittene – So geht steilgehen“ quälen, um zu wissen, wie man ordentlich feiert…
- Spiegel Online
Warum der Spiegel so etwas aber schreibt, werde ich aber trotzdem nicht kapieren. Toll ist auch, dass die investigativen Spiegelleute auch in anderen Städten unterwegs waren. Jetzt weiß ich endlich, was so in Lüneburg, Passau, Duisburg und Co. abgeht.
Danke Spiegel! Meine Nachrichten beziehe ich jetzt von Sleaze oder Vice!
Wenigstens auf die Spiegelleser ist Verlass. Die regen sich nach gewohnter Manier über den Artikel auf – diesmal vielleicht nicht zu Unrecht:
firmentrottel heute, 08:01 Uhr
Das klingt ja … puuuh … aufregend. Ist schon eine … gähn … aufregende Stadt. Mit so tollen Typen wie „Old-School-Hip-Hop-Fans, die es real keepen“ oder Mixologen (ha, man kann auch witzig!) Wer München und […]