Verlieren in der Stadt der Gewinner  

Verlieren in der Stadt der Gewinner  

Jeder kann mal verlieren. Doch jeder wohnt sicher nicht in München. Hier leben Kaiser, Titanen, verschiedenste Aggressiv-Leader und Partylöwen. Sie liegen braungebrannt auf der Sonnenseite der Maximilianstraße. In ihrem Leben ist alles auf Hochglanz poliert, kein Kratzer weit und breit in Sicht. Alle strahlende Atomreaktoren des Erfolgs mit einer Glamour-Halbwertzeit einer ganzen Sendung Perfektes-Promi-Dinner.

Doch Moment. Glamour? Was ist denn mit 1860 München? Das München im Namen lässt stark vermuten, dass dieser Verein in der bayerischen Erfolgsstadt seinen grünen Rasen ausgerollt hat, genau wie der große FC Hollywood, der jedes Jahr, den einen oder anderen Fußball-Oscar in den weiß-blauen Himmel streckt.

Ist 1860 ein Projekt vom erfolglosen Rest von Fußballdeutschland, um das bayerische Siegergen zu beschmutzen? Nein! Ausgrabungen rund um das antike Grünwaldum Stadionum belegen: die Gründung des Vereins 1860 ist älter als die Brötchen-noch-aus-Holz Zeit und wird sogar noch vor die udische Regentschaft datiert.

In dieser Vor-Allianz-Arenischen Epoche gewann der Verein sogar eine Meisterschaft, und da die Germanen damals noch dem römischen Reich angehörten, welchem ebenfalls eigentlich ganz Europa angehörten, war dies das erste echte, wahre Double aus Deutschem Meister und Champions League.

Kommen wir von den Oldies zur Zukunftsmusik oder zumindest zurück ins Hier und Jetzt, in dem die 60iger leider immer wieder ihr blaues Wunder erleben. Denn alle zwei Wochen frühstücken in der Arena 11 Hamburger, Berliner oder auch Aalener – wo immer das liegt – 11 lauwarme Weißwürstchen und bekommen als Reiseproviant noch drei Punkte mit auf den Heimweg.

Der Löwe geht also immer leer aus, hat dementsprechend einen Bärenhunger und träumt bei Vollmond davon ein Vampirlöwe zu werden und alle Festgeldkonten von allen Säbener Straßen dieser Welt leer zu saugen und sich endlich satt zu trinken.

Wer Fan von diesem Verein ist, vom kleinen erfolglosen Bruder, der auf die schiefe Bahn geraten ist, der vom Ferrari träumt, aber MVV fährt, der sich Champagnerduschen wünscht, aber im Marktstadl Löwenbräu trinkt, der Siege feiern und Kohle scheffeln will und doch nur jede Woche Trainer feuert, der hat sich dieses Schicksal meistens nicht freiwillig ausgesucht, sondern vom Vater dieses schwere Los geerbt. Man ist ja auch nicht Fan von Herzinfarkten, Lokalverboten oder dem Berliner Flughafen.

Ja, 1860, ein Verein, so knallhart erfolglos wie unser aller Leben. Eigentlich ganz sympathisch, fast zum Verlieben. Verlieren wir alle doch unser Herz an diesen Löwen im Grauenmauskostüm. Und das nicht nur, weil verlieren lernen, siegen lernen heißt.

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 Veröffentlicht von…
Frank Schitzo
Klaus Palermo bei Google+ | veröffentlicht am 3. Dezember 2014
Frank Schitzo

Über Frank Schitzo

Frank Schitzo ist unser schitzofranke SingerSongerWriter, der u.a. mit dem Kunstprojekt Hartzbuben durch die Münchener Bars zieht. Er fotografiert, schreibt, spielt Gitarre, kurz ein Kunstwichser und ist bekennender Feind der Kapitalismus-Diktatur, obwohl er in dessen Propagandaministeriums seine Brötchen verdient.

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